BMW iX 40 xDrive – Der beste Benz, den BMW je gebaut hat!

Im Rahmen eines BMW Event Programms hatte ich Gelegenheit, den neuen BMW iX als 40 xDrive eine Stunde zu fahren. 

In einer Gruppe von vier Fahrzeugen bekam jeder ein strahlend weißes Exemplar zugewiesen, mit dem wir uns durch den abendlichen Verkehr in Dresden kämpfen durften.

Design des BMW iX

Der iX folgt prinzipiell der Designlinie des i3, ist aber etwas entschärft. Das Karosserieformat entspricht einem Mid-Size SUV. Vorn haben wir eine typische BMW Front mit Oversize-Niere und den schmalsten Frontleuchten ever. Viele kritisieren die große Niere, ich finde, dass sie zum großen Mid-Size Geländewagen gut passt, denn sonst würde die Front nur aus der Stoßstange bestehen. Das BMW-Emblem ist eingezogen – mal was anderes. 

Die größten Schwierigkeiten habe ich mit der Seitenlinie. Die Motorhaube ist aufgesetzt wie beim Original-Range Rover von 1970, die C-Säule erinnert an den i3.

Besonders markant sind die neuen Türgriffe, die hoffentlich das inzwischen 20 Jahre währende Monopol der Bügeltürgriffe ablösen. 

Am Heck gibts nichts auszusetzen, der breite Rücken mit schmalen Rückleuchten und großem BMW Emblem gefällt mir richtig gut.

Auf jeden Fall ist das Design unverwechselbar, und das ist bei einem Geländewagen eine beachtenswerte Leistung.  

BMW iX Innenraum

Besteigen wir BMWs neues Elektro-Flagschiff. Im Türrahmen fällt mir auf, dass tatsächliche eine Menge garantiert rostfreies Karbon verbaut ist. Ein wenig wundert es mich schon, denn auf dem Event ist viel von Nachhaltigkeit die Rede, während mir aber niemand die Frage beantworten konnte, wie man Karbon recycelt (meines Wissens nach nämlich gar nicht).

Der Innenraum ist erwartungsgemäß großzügig. Die Sitze erinnern in Ihrer Form an den Mercedes 250SE meines Großvaters. Sie sind wenig ausgeformt, erzbequem und eine absolute Wohltat für jemanden, der vorher 4 Stunden im Tesla Model 3 angereist ist.

Die Sitzverstellung ist an die Türtafel gewandert. Das hat einen einfachen Grund: der Sitz ist wie ein Sessel in die Breite gewachsen, so dass man mit der Hand kaum in den Spalt zwischen Sitz und Tür fassen kann. Problem: man muss sich vorbeugen, um den Sitz zu verstellen, und wenn die Tür offen ist, kommt man an den Schalter nicht heran. 

Genau wie im Tesla gibt es einen elektrischen Türöffner, den aber nur eingeweihte auf Anhieb finden, weil er zu hoch platziert ist. 

Die Armaturentafel ist futuristisch gestaltet und versucht sich im Spagat zwischen klassischem BMW-Cockpit und dem Minimalismus eines Teslas. Ein eckiges Lenkrad mit billig wirkenden Schaltern, ein Kristallglas-Controller und ein Wide-Screen Cockpit treffen auf mechanische Wischer- und Blinkerhebel, die in dieser Form schon im E34 der 80er Jahre verbaut wurden. Hier wirken sie deplatziert, die Bedienelemente und Materialien vom E65 hätten besser gepasst.

Der Phallus hat als Wählhebel ausgedient und macht einem kleinen Hebel Platz, der völlig ok ist – ich wundere mich allerdings über die Fahrstufe B mit maximaler Rekuperation – sollte die nicht immer maximal sein? 

Daneben ist das iDrive umrahmt von einem Wirrwarr an Knöpfen. Wobei: Knöpfe trifft es nicht ganz. Es ist eine Fläche, die sich in ihrer Gesamtheit drücken lässt, ähnlich dem Touchpad eines alten MacBooks. Mir gefällt es nicht besonders gut, das alte iDrive mit den physischen Buttons war deutlich besser zu bedienen und wirkte auch viel wertiger. Auch die Anordnung der Köpfe wurde ohne Not geändert. 

Gut gefällt mir das großflächig mit Leder bezogene Armaturenbrett. In einem Vortrag erfahren wir, dass praktisch alle Oberflächen (gegen Aufpreis) beheizbar sind. Eine solche Heizung braucht nur 15% der Energie einer normalen Gebläse-Heizung. Wenn dem so ist, ist das eine hervorragende Sache und auch sehr innovativ.

Bedienung

Mit der Bedienung des neuen Operating System 8 habe ich meine Schwierigkeiten. 

Zwar wirkt der freischwebende Wide-Screen sehr elegant. Aus Perspektive eines Tesla Fahrers ist das größte von BMW verbaute Display deutlich zu klein, hier wäre mehr einfach mehr gewesen. Vor allem mehr Höhe, so dass man beispielsweise eine Leiste von Shortcuts hinterlegen könnte. Die gibt es, ist aber per Wisch abrufbar – viel Spaß bei der Bedienung während der Fahrt.

Kritik an der Bedienung wird bei BMW grundsätzlich mit dem Hinweis auf die Sprachbedienung gekontert. Und die ist in der Tat richtig gut, deutlich besser als bei Tesla. So erkennt sie beispielsweise, von wem ein Wunsch geäußert wurde, und schaltet dann die entsprechende Sitzheizung an oder aus.

Trotzdem: die Darstellung von Fahrdaten und Optionen sind ein totaler graphischer Overkill. Die Geschwindigkeit ist nur eine Zahl von vielen und ungünstig platziert. Beim Navi ist nicht zu erkennen, welche Straße in dem bunten Wollknäuel die eigene Route darstellt (es ist wohl die rot-weiß gestrichelte). Die von mir so geschätzte reduzierte Darstellung der nächsten Kreuzung gibt es nicht mehr, stattdessen wird eine Augmentet-Reality Darstellung eingeblendet, deren Pfeile völlig untergehen, wenn man einem weißen Fahrzeug hinterherfährt. 

Um irgendwo eine Option zu ändern, muss man sich durch zig Menüs klicken. Diese sind extrem verschachtelt und haben mitunter nur einen einzelnen Ein/Aus Schalter. Manche Menüs haben gar keine Einstellungen, sind also vollkommen überflüssig oder nicht fertig programmiert.

Es gibt eine Ansicht, auf der Dutzende bunte Icons mit Apps (?) versammelt sind. Schlimmer ist es nur bei VW, bei denen die Icons alle in Schwarz Weiß gehalten sind.

Meiner Ansicht sollte man das gesamte System einmal gründlich entrümpeln und sich auf die wirklich notwendigen Funktionen beschränken. 

Positiv finde die die Geschwindigkeit, mit der das System arbeitet. Es ist ähnlich reaktionsschnell wie im Tesla, und das ist ein großes Kompliment.

Fahren

Zum losfahren muss man allen Ernstes einen Startknopf drücken. Oldschool, und im Zeitalter des Materialmangels würde ich sowohl Knopf als auch Schlüssel komplett einsparen. Beides braucht man nicht, und jemand, der Schwierigkeiten mit einem Smartphone hat, sollte vom Kauf ohnehin Abstand nehmen.

Es geht los. Ein Instruktor fährt voraus, wir reihen uns ein. Die Lenkung ist extrem leichtgängig und bietet wenig Rückmeldung. Angesichts der Größe wuselt sich das Dickschiff aber recht agil durch den Dresdner Verkehr am Feierabend. 

Komfort ist die absolute Stärke des BMW iX. Leise und bequem packt er seine Passagiere in Watte und vom Unbill der Außenwelt entfernt. Die Geräuschdämmung ist hervorragend. Per Funk kommt die Aufforderung, über drei Menüs Sportmodus und „Iconic Sound“ einzuschalten, was mir an einer Ampel sogar gelingt. Das Ergebnis: ein nervöses Ansprechverhalten des Gaspedals und eine Geräuschkulisse, die an eine Straßenbahn mit richtig schlechter Laune erinnert. Gedacht ist es wohl für Fahrer von Verbrennern, die glauben, Motorgeräusche seien eine Errungenschaft, die es zu bewahren gelte. 

Leider gelingt es mir nicht, die Option wieder auszuschalten. 

Die Beschleunigung ist ordentlich, auch wenn sich 320PS für den sehr schweren Wagen nach „gerade mal ausreichend“ anhören. Ok, es ist kein Tesla Performance, hat aber im normalen Verkehr mehr als genug Wumms. Leider konnten wir nie schneller als 120 km/h fahren. Mich hätte bei einem solchen Reisefahrzeug das Fahren auf der Autobahn sehr interessiert, und ob er bei hohen Geschwindigkeiten genauso viel Freude macht wie mein Tesla, oder ob die Beschleunigung ab 130 zäh wird.

Die Federung ist genau wie die Sitze sehr auf Komfort ausgelegt. Egal ob Querfuge, Schlagloch oder Gullideckel: es werden die meisten Unebenheiten komplett weggebügelt. Und das, obwohl es sich um eine Stahlfederung handelt. Sehr viel entkoppelter kann Autofahren nicht sein.

Man könnte sagen: der iX ist der beste Mercedes, den BMW je gebaut hat. 

BMW iX 40 xDrive Verbrauch

Das Kapitel, das uns alle interessiert: der Stromverbrauch. Hat BMW mit dem iX nun tatsächlich eine verbrauchsgünstige Ikone der Nachhaltigkeit geschaffen? Ich fürchte nicht: der Bordcomputer zeigt über die Lebensdauer des Fahrzeug von rund 5,000km einen Schnitt von 23,8 kWh an. Das ist für ein SUV nicht ganz schlecht, aber fast 50% mehr als das, was mein Tesla 3 verbraucht – und der wird nicht unbedingt ökonomisch bewegt.

Der iX M50 xDrive mit dem großen 111kW Akku kommt wohl nach WLTP auf eine ähnliche Reichweite wie der Tesla 3 Long-Range. Aber abgesehen davon, dass ein riesiger Akku alles andere als nachhaltig ist, dauert das Laden auch viel länger als beim kleinen Tesla. Statt 15-20 Minuten sind es nach offiziellen 35 Minuten, bis der Akku bei maximal 150kW Ladekapazität für die Weiterfahrt bereit ist.

Fazit

Der BMW iX ist ein futuristisch gestaltetes und äußerst komfortables SUV. Es ist ideal für die Eltern und Großeltern von Friday-For-Future Kids, die einen prestigeträchtigen Riesengeländewagen von einem Traditionshersteller fahren und gleichzeitig zeigen möchten, dass sie nicht völlig von gestern sind.

In phytonik-bau mit M-Sportpaket und Shahowline gefällt mir der BMW iX persönlich sogar recht gut. Und das ist ungewöhnlich, weil ich SUVs eigentlich nicht besonders mag. Von daher hat BMW es tatsächlich geschafft, mich für ein Auto zu begeistern, mit dem ich mich normalerweise nicht beschäftigt hätte. Und das ist eine große Leistung.