Neulich stand vor meiner Tür ein Audifant. Ein Fliegerkollege hat ihn mitgebracht, den Audi Q7 e-tron Quattro, wir wollten gemeinsam einen Aus-Flug machen. Er hatte ein Ingolstädter Kennzeichen und riesige e-tron Aufkleber an den Seiten. Der Audifant, natürlich, nicht der Kollege. „Willst du fahren?“ fragte Rudolf. „Klar doch!“ antworte ich.
Auch wenn ich weiß, dass er genauso groß ist wie meine 5,07m lange Tarnkappen-Rennkatze, so kommt mir der Audi Q7 e-tron doch wie ein ganz schön riesiges Trumm vor. Vermutlich ist das normal, denn ein Krokodil kommt einen ja auch kleiner vor als ein Elefant, selbst wenn es die zukünftige Handtasche auf stolze 10m Länge bringt.
Das Design des neuen Audi Q7 ist – nun ja – hmm – er sieht eigentlich genauso aus wie der alte Audi Q7, nur hier und da ein wenig zerknittert, wie ein frisch gebügeltes Hemd, das man nach einer langen Reise aus dem Koffer packt. Er ist nicht schön und er ist nicht häßlich, er ist ein Audi, modern gezeichnet mit großer Schnauze, aber irgendwie ein bisschen langweilig. Der Vorgänger hatte ein klein wenig mehr Charakter.
Eigentlich würde man in so einem riesigen Auto einen ebenso riesigen Kofferraum erwarten, aber auf dem ersten Blick wirkt die Höhle nicht soviel größer als die meines Jaguars. „Ein guter Teil des Volumens ist unter der Ladefläche“ erklärt Robert. Die Ladefläche selbst ist schon belegt: von einer Klapperschlange, einem schlanken schwarzen Vieh, welches sich bevorzugt in Haushaltssteckdosen verbeißt und die Stromrechnung in ungeahnte Höhen treibt – sofern man eine Garage mit modernem Rolltor sein Eigen nennt, sonst, kann man wegen des hohen Hecks das Tor nicht mehr zumachen. Aber vielleicht erbarmen sich die Ingolstädter ja und bringen eines Tages eine Coupé Variante heraus, mit denen auch Normgaragen-Besitzer ihren Audifanten sicher unterstellen können. Das ist nicht unwichtig, schließlich sind große SUVs bei der allgemeinen Bevölkerung so beliebt wie Fußpilzträger im Schwimmbad. Komischerweise werden die Dinger trotzdem gekauft – und geklaut!
Steigen wir ein in die gute Stube. Und die ist gegenüber die Vorgänger deutlich wohnlicher geworden. Die große Plastikwüste ist passé, es gibt kühles Aluminium, hochwertig strukturiertes Holz, über die gesamte Breite verteilte Lüftungsdüsen und unzählige Schalter und Regler. Diese sind alle sehr hochwertig, aber dennoch verdammt zahlreich. Der Dachhimmel ist mit dunklem Alcantara bezogen – wobei, das stimmt nicht ganz: genau genommen sind die Säulen verkleidet, das Dach selbst ist eine riesige Glasscheibe. Abgesehen von dem kleinen Detail, dass die Armaturentafeloberseite eigentlich beledert zu sein hat, ist der Q7 neben Bentley Bentayga und Porsche Cayenne einer der ganz wenigen Geländewagen, in dem ich wohl fühle.
Die Sitzeinstellung passt, Rudolf will zum Flieger. Statt traditioneller Instrumente ist ein Bildschirm von der Größe eines iPads verbaut, der mich schon beim Einsteigen mit zahlreichen bunten Anzeigen begrüßt. Da stellt sich die Frage, ob man das Auto noch anlassen muss – oder ob er vielleicht schon läuft? Ich bin nicht so naiv, zu glauben, dass der modernste Audi ein traditionelles Zündschloss hat. Ich sehe ich mich nach einem Startknopf um – der sich verdeckt hinter dem Lenkrad befindet. Mit Nachdruck drück ich ihn. „Gratuliere, jetzt hast du ihn wieder ausgemacht!“ meint Rudolf grinsend.
Ich drücke einmal kurz drauf. „Das war jetzt die Zündung“, kommentiert Rudolf trocken. Oh Mann! Was ist eigentlich falsch an einem kleinen Drehschalter? Ich drücke noch einmal, merke nicht wirklich einen Unterschied, aber Rudolf ist zufrieden, wir können also losfahren.
Der Wählhebel erinnert optisch an den Gashebel eines edlen Sportboots, haptisch leider mehr an das dildoförmige BMW Pendant. Es ist nicht direkt ein Epic-Fail, aber ich glaube, das könnte man besser machen.
Damit der Audifant sich in Bewegung setzt, muss man das Gaspedal ungewohnt weit durchdrücken. Geräuschlos rollt der Audi Q7 e-tron los. Ich biege um die Kurve, da steht der Laster vom Dachdecker – uuuuh, ist das eng, da werden Erinnerungen an den grauen 2008er Porsche Cayenne wach, den ich dem Porsche Zentrum nach drei Tagen nur zu gerne wieder auf den Hof gestellt hatte!
Aber der Audi ist viel intelligenter: Just im rechten Moment zeigt ein weiterer Bildschirm ein Kamerabild mit Hilfslinien an, auf denen zu sehen ist, dass das Dickschiff problemlos durch die Lücke passt. Vorsichtig rolle ich weiter – und es passt tatsächlich! Ja, das Auto ist tatsächlich nicht größer als die Katze, aber die Perspektive ist sehr ungewohnt – aber eigentlich gar nicht so schlecht. Fröhlich grinsend steuere ich den Audifanten durch mein Wohnviertel, die Kiste fängt an, mir Spaß zu machen. Überraschend auch der Fahrkomfort: Kopfsteinpflaster, Temposchweller, war da was? Ich habe die vertrauten Straßen noch nie so eben erlebt!
Ganz und gar nicht vertraut sind mir jedoch die Anzeigen auf dem Display vor meiner Nase. Das Head-up Display mit seiner reduzierten Darstellung ist ähnlich wie beim BMW M6, der Monsterbildschirm hinterm Lenkrad hingegen ist einfach nur katastrophal unübersichtlich, dagegen ist die Ergonomie in einem Flugzeug-Cockpit geradezu vorbildlich.
Wagen wir einen Versuch der Orientierung: Links und rechts sind zwei digitale Anzeigen für Batterieladung und Spritvorrat. Dann gibt es einen recht normal aussehenden Tacho, eine Reichweitenanzeige, die ich nicht wirklich durchschaue, ein großes Elektro-Power-Boost Display und einen winzig kleinen Drehzahlmesser. Dann gibt es noch diverse andere Anzeigen, aber die sollen uns im Moment egal sein.
Robert demonstriert noch kurz, dass man die Anzeige anpassen an, aber mir ist es so schon viel zu viel an blinkendem Technikkram und konzentrier mich lieber auf die Landstraße. Mit 70 gleiten wir Richtung Ilten. Der Diesel ist inzwischen angesprungen, wir fahren nicht mehr rein elektrisch. Hören tut man davon allerdings – nichts. Das Dieseln ist quasi komplett weggedämmt, wir sitzen in einer Oase der Stille. Eine aktuelle Mercedes S-Klasse kann es kaum besser.
Ob das Dickschiff auch rennen kann? Hinter Ilten trete ich das Gaspedal ein wenig tiefer durch. Der Audifant beschleunigt ganz gut, aber nicht überragend. „Sorry, den Elektroboost habe ich schon leergefahren“, entschuldigt sich Rudolf.
Hmm, ja, ok.
Richtig in seinem Element ist der Audi Q7 e-tron 5 Minuten später auf der Autobahn. Nicht wegen seiner unbändigen Kraftreserven, nein nein, die Motorisierung ist zwar ok, aber nicht wirklich überragend, Elektroboost hin oder her. Wer erwartet, bei einem 2,5t schweren Auto trotz 370PS bei Tempo 180 noch einen Tritt ins Kreuz zubekommen, sollte seine Wahl überdenken.
Viel interessanter ist die Erkenntnis, dass das Ding quasi automatisch fährt. Zwar bin ich ein Abstandsradar von meinem Jaguar gewohnt, das im Audi reagiert aber viel besser, viel weniger abrupt und viel vertrauenserweckender. Dabei bleibts nicht: der Audi sorgt dafür, dass man in der Spur bleibt. Hier und da greift er korrigierend in die Lenkung ein, subtil genug, um nicht zu nerven. Noch interessanter wird es, wenn man im Navi ein Ziel eingibt: weil dem Auto die Topographie bekannt ist, bremst der Audi automatisch vor Kurven ab, beispielsweise an einer Autobahnausfahrt. Auch Tempolimits und Ortschafen erkennt das System und verlangsamt die Fahrt entsprechend – zum Ärger der Autos hinter mir.
Der Fahrassistent ist trotzdem faszinierend. Ich kann also bequem wie gewohnt meinen Ellenbogen auf die Armlehne legen, einen Finger an den Lenkradkranz legen und mich von dem Audi fahren lassen. Oder auch nicht: nach einigen Sekunden kommt ein Warnhinweis, ich solle gefälligst meine Pfoten ans Steuer legen. Hab ich doch! Hrmpf. Ist also doch nicht so ganz perfekt, die schöne neue Audi-Welt.
Beim Einparken bekomm ich den nächsten Rüffel von meinem technikbegeisterten Beifahrer: „Warum schaust du dich um? Ist doch alles auf dem Monitor der Rückfahrkamera!“ Sorry. Gewohnheit. Ich gehör eben zu den Leuten, die beim Parken noch rausgucken. Und das geht bei dem Q7 sogar ganz gut. Und sollte der Audifant nicht eigentlich auch automatisch einparken können? „Nee, das geht nicht, dafür stehen hier zu wenig Autos auf dem Parkplatz.“
Auf dem Rückweg darf ich eine weitere Innovation kennenlernen: das intelligente Fernlicht. Statt einfach nur auf- und abzublenden passt sich der Lichtkegel automatisch den Umständen an. Das ist wirklich eine Supersache – 2,500€ Aufpreis sind allerdings heftig!
Fassen wir es zusammen: der Audi Q7 e-tron ist ein fantastisch komfortables Auto, das durchaus eine Alternative zu einem Audi A8, einem 7er BMW oder einer S-Klasse sein kann. Die Fahrassistenzsysteme machen es einfach, mit dem Koloss zurecht zu kommen, allerdings sollte man schon eine gute Portion Nerd-Blut in den Adern fließen haben, um die vielen Möglichkeiten zu nutzen. Der Hybrid-Antrieb hingegen ist absolut überflüssig, da er das normalerweise schon 2t schwere Fahrzeug nochmals um 500kg schwerer macht. Weder Verbrauch noch Fahrleistungen liegen über dem Niveau des normalen 3l Diesels, wer Leistung möchte, sollte wohl lieber zum SQ7 mit V8, 430PS und faszinierenden 900NM Drehmoment greifen.