Fahrbericht Ford Fiesta – Leihwagen für Lau

Nach rund eineinhalb Jahren war es mal wieder Zeit für eine Inspektion. Nachdem mich ein Mercedes-Schrauber im November gnadenlos abgezockt hat, entschied ich mich diesmal wieder für eine „zeitwertgerechte Inspektion“ bei meiner Lieblingswerkstatt in Celle.

Dazu gab es natürlich auch wie immer einen gratis Ersatzwagen. Der alte 1995er 45 PS Polo III hatte gottseidank das Zeitliche gesegnet. Der „neue“ ist ein silberner Ford Fiesta mit immerhin 60 PS Baujahr 2001.

Der FIesta ist sicherlich keine automobile Schönheit, Ford hatte gerade das New Edge Design erfunden und dem Fiesta III ein Facelift verpasst, das aus dem kantigen Kleinwagen ein rundes Pummelchen machte, das nun wiederum ein wenig kantiger wurde.

Never mind, als ich 18 war, stellte ein solcher Fiesta ein für mich unerreichbarer Traumwagen dar. Ja, die Zeiten ändern sich.

Schlüssel steckt, also eingestiegen.

Der Einstieg fällt leicht, die Sitze sind einigermaßen bequem, das dicke Lenkrad wirkt fast schon modern und liegt gut in der Hand. Die Instrumente sind SEHR übersichtlich, es gibt einen Tacho und eine Tankuhr und ein Maling von dem Fiasko von oben, das in einer höheren Ausstattungsvariante wohl ein Bordcomputer sein soll.

Keine Klima, aber immerhin elektrische Fensterheber, von denen ich auch sofort gebrauch mache, das Auto ist nämlich schön aufgeheizt.

Der Zündschlüssel erinnert mich stark an den von Jaguar….nicht übel. 😉

Ich starte den Motor…Kupplung nicht vergessen….und würge die Kiste natürlich sofort ab. Das Spiel wiederholt sich noch drei mal, bis ich feststelle, daß ich in der hackligen Schaltung den 1. und den 3. Gang verwechselt habe.

Hat wohl schon seinen Sinn, wenn Typen wie ich selbst im Porsche mit Automatik fahren…stirnrunzel…vermutlich werden sie sich in der Werkstatt halb tot lachen.

Jedenfalls komm ich nach endlich langer Zeit vom Hof. Der Blinker klackt angenehm vor sich hin und stellt sich nicht automatisch zurück, zumindest in Linkskurven.

Beim Fahren merkt man, das 60 PS wirklich nicht so der Brüller sind, aber im allgemeinen fährt er sich ganz ordentlich, jedenfalls viel besser als der Polo, und auch besser als ein Golf III.

An der Tanke halte ich kurz, schmeiße für 12€ Super ein, worauf die Tanknadel erregt nach oben wandert und in senkrechter Position verharrt.

Cool…dann müßte ne ganze Tankfüllung für 24€ zu haben sein?

Ich krame in den Papieren…naja, Baujahr 2001, 60 PS, soll brutale 171 km/h Vmax haben. Schaun mer mal.

Und wie fährt er sich?

In der Stadt macht die Kiste durchaus Spaß, die Lenkung ist angenehm direkt, der Wagen recht handlich, und nachdem ich die Schaltung begriffen hab, würg ich ihn auch nicht mehr ab.

Auf der Landstraße hingegen ist die Leistung doch recht dürftig. Auf Überholvorgänge verzichte ich, sondern rolle lieber mit 90 den LKW hinterher.

Autobahnfahrten hingegen sind halbwegs erträglich, der Fiasko liegt einigermaßen ruhig auf der Straße und wird auch nicht zu laut. Ich beschließe, die Vmax auszutesten, und das geht so:

Man drückt das rechte Pedal ganz nach unten.

Und wartet.

Und wartet.

Und wartet.

150…wow….

Und wartet.

Und wartet…gähn.

Und wartet….

160…alter Schwede.

Und wartet.

Und wartet.

Vergeblich.

Nix zu machen. Die Kiste ist nicht dazu zu bewegen, schneller als 160 zu fahren. Weder durch einen Wechsel in den 4. Gang, noch indem ich mit meinen Lippen „brumm-brumm-wrooooooooooom“ Geräusche mache.

Frustriert wechsele ich auf die rechte Spur und lasse den VW Passat….ach nee…EOS…scheißgleich….durch, der mir seit 5km mit seiner Lichthupe auf den Keks geht.

Einige Autos ziehen vorbei….dann taucht vor mir ein Polo II auf: mit 45 PS und Steilheck.

HA! Dich mach ich fertig, du Loser, du Abwrackprämienautofahrer!

Ich setze den Blinker und ziehe elegant vorbei.

YES! STRIKE!

Ich mach das Viktory-Zeichen und komme mir wunderbar pubertär vor.

Ford Fiesta MK 3

Ford Fiesta MK 3

Sorry, ich kapier einfach nicht, warum Leute für viel Geld neue Kleinwagen kaufen wenn man fürs gleiche Geld richtig feine Automobile bekommen kann, die im Endeffekt auch nicht so viel mehr an Kosten verursachen.

Man kann sicher damit leben, aber Spaß macht so ein Auto höchstens beim Parken.

Aber ich sollte nicht undankbar sein: 

Der kleine Ford hat mich außer ein bisschen Sprit rein gar nichts gekostet, bei der BMW Niederlassung hingegen würde ein Leihwagen fast genausoviel kosten wie die gesamte Inspektion in der freien Werkstatt, und da ist ein 8 Jahre alte Fiesta mehr als akzeptabel.

Ach, und noch ein wesentlicher Unterschied:

Bei BMW heißt es immer: „Ja, also eigentlich darf ich sie mit diesem Wagen gar nicht mehr vom Hof fahren lassen, da ist ja soviel, was gemacht werden muß, am besten versenken sie die Karre in der Leine…wir kommen Ihnen auch gerne mit der Abwrackprämie entgegen.“ Rechnung: Vierstellig.

Beim freien Schrauber hingegen: „Top in Schuss der Wagen, Zündkerzen und Filter sind alle ok, da muß nix gewechselt werden, Bremsen sind noch super, das bisschen Rost ist kein Problem, vielleicht mal ne neue Tür, mit dem Auto können Sie noch lange so weiter fahren.“ Rechnung: 240€. Incl. Neubefüllung der Klimaanlage.

Also, liebe freie Werkstatt: Es ist super, daß es euch gibt, und vielen vielen Dank für den schönen Leihwagen! 🙂

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