Ein Ford Mustang ist sicher eines der absolut coolsten Autos, die es derzeit für Geld zu kaufen gibt. Aber ist es auch ein guter Wagen für den Alltag? Wir hatten über zwei Wochen Zeit, einen aktuellen Ford Mustang näher kennen zu lernen und über hunderte von Meilen auf amerikanischen Highways zu bewegen.
Nähern wir uns dem Auto, unser Exemplar ist schwarz wie die Nacht, mit Mustang Schriftzug und Spoiler. Das Design ist über jeden Zweifel erhaben: von vorne wirkt der Wagen nicht nur einfach aggressiv, sondern dermaßen bitterböse, dass selbst ein getunter 3er BMW seinen Schwanz einklemmen dürfte, wenn sich ein Mustang im Spiegel breit macht.
Das Heck: wuchtige Rückleuchten im Retro-Design, großer Chromschmuck in der Mitte. Die Seitenlinie: genial. Der Mustang ist nicht einfach nur Retro, er ist vielmehr eine Neuinterpretation. Im direkten Vergleich wirkt der Ur-Mustang dezent und fragil, geradezu feminin, der neue ist hingegen ist einfach nur groß und brutal, daneben wirkt selbst eines der hier sehr verbreiteten BMW 650i Coupes wie ein Kleinwagen. Mir gefällts, aber als Pony-Car kann man den Neuen beim besten Willen nicht mehr bezeichnen.
Allein das armselige einsame Endrohr wirkt ein wenig verloren…und bestätigt den Verdacht, dass es bei Hertz nur Mustangs mit der V6 Maschine gibt….der V8 hat nämlich zwei verchromte Endrohre, die dem Auto deutlich besser stehen.
Einsteigen…der Einstieg fällt leicht, und es gibt Platz wie in einem Mercedes CL Coupe. Das Ambiente ist durchaus schick gestylt und weiß zu gefallen, aber leider ist alles, was glänzt, weder Chrom noch Alu, sondern einfach nur billigstes Plastik. Die Sitze sind straff und bieten guten Seitenhalt, selbst im Fond lässt es sich aushalten. Die manuelle Sitzverstellung hingegen ist eine Pest, und nach einem Umklappen der Vordersitze ist es kaum möglich, die ursprüngliche Lehnenposition wieder zu erlangen. In der Mitte ist ein großes Ablagefach vorhanden, in das Problemlos eine Spiegelreflex reinpasst, außerdem befinden sich hier ein AUX-IN Anschluß für den iPod sowie eine 12V Steckdose.
Der Kofferraum ist ausreichend groß, aber schwer zu beladen, weil die Luke sehr klein ist. Die Kofferraumhaube ist unverkleidet mir vielen scharfen Kanten, hier wurde gespart. Der Aufkleber „Quality by Ford“ wirkt wie blanker Hohn.
Anlassen. Der Motor hat eine Art „Sound“, wummert tief. Die 4.0l Maschine mit 4-Gang Automatik war vermutlich schon vor 15 Jahren hoffnungslos veraltet, jedenfalls hab ich selten ein Triebwerk erlebt, das aus soviel nomineller Leistung dermaßen wenig Performance holt. Die Drehfreudigkeit wird wohl nur von einer Dampflok unterboten, das Triebwerk wirkt zäh wie Kuchenteig.
Ein gewisses Drehmoment ist durchaus vorhaben. Hat man auf einer Landstraße vor einem ein SUV mit 35mph vor sich und tritt das Gaspedal durch, ist man ab Ende des Überholvorgangs bei rund 70 mph angelangt – und weit jenseits des vom Dorfsheriff tolerierten Bereichs. Beim Anfahren an Mautstellen zieht der Mustang mit großen Gebrüll von dannen, auch wenn die Art der Kraftentfaltung mehr der eines Ochsen denn der eines Wildpferds gleicht. Im Land von Hummer und hochgelegten Pick-up Truck gehört man hier eindeutig noch zu den schnelleren.
Spaßeshalber haben wir den Mustang auf einem Highway mal auf über 100 mph beschleunigt, es geht durchaus, allerdings gelten derart mörderische Geschwindigkeiten in einigen Staaten schon als „Reckless Driving“, welches im besten Fall zum Entzug der Fahrerlaubnis führt.
Ärgerlich: bei jeder Gaspedalbewegung schaltet die Automatik wild hin- und her wie Osterhase, der übers Stoppelfeld Hacken schlägt. Insbesondere bei Spurwechseln ist dies mehr als lästig, hier wäre es schöner, wenn die Automatik den V6 einfach arbeiten ließe.
Die Instrumente sehen hübsch aus, sind aber praktisch unlesbar. In der Mitte befinden sich Meilenzähler und Tankanzeige, links und rechts sind in Röhren Tacho und Drehzahlmesser verborgen, die man unmöglich mit einem Blick ablesen kann. Von daher erweist sich die Geschwindigkeitsanzeige des mitgebrachten TOM-TOM Navis als wahrer Segen.
Hat man ein Tempo vom 30 mph erreicht, nervt das Fahrwerk mit lauten Laufgeräuschen, die mit höherem Tempo wenigstens nicht deutlich lauter werden. Der Motor ist brummig, aber bei weitem nicht das lauteste Geräusch, selbst jegliche Windgeräusche werden durch das Fahrwerksdröhnen mühelos übertönt.
Im Innenraum klappert und vibriert die Plastikeinrichtung speziell bei Unebenheiten wie das Ultraschallreinigungsgerät beim Optiker.
Das Fahrwerk ist für einen Ami ungewöhnlich hart abgestimmt, der Komfort ist ähnlich dem eines Porsche Boxster S ohne PASM, allerdings ohne dessen fahrdynamische Qualitäten.
Kurven mag das Pferdchen nicht wirklich, was aber nicht weiter verwunderlich ist, denn das Fahrwerk ist auf dem technischen Stand einer Postkutsche. Ein richtig modernes Fahrwerk gibt’s leider nicht einmal in der Shelby 500 Ausführung, hier ist der Tuner gefragt.
Der Verbrauch liegt bei 10l bei Highwaytempo, in der Stadt auch gerne mehr. Angesichts des eher gemächlichen Tempos sind diese Werte nicht wirklich beeindruckend, aber was erwartet man in einem Land, in dem ein GMC Yukon mit Hybridantrieb zum Ökoauto des Jahres gewählt wird.
Das Shaker 500 Audiosystem mit CD-Wechsler ist ganz brauchbar, auch wenn die Boxen reichlich bescheiden aussehen und die Antenne die Karosserie verschandelt. Speziell mit MP3 Player sind sogar richtig gute Bässe drinnen. Gegen ein Logic 7 kann es nicht anstinken, aber es gibt ja noch das optionale Shaker 1000 mit 1000 Watt Leistung (oder doch nur 1000 Watt Stromverbrauch?).
Die Klimaanlage ist nur manuell bedienbar, den Tempomaten kann man nicht ausschalten, ohne dass man die gewählte Tempoeinstellung verliert. Seitenairbags gibt’s gegen Aufpreis, Kopfairbags oder ESP gar nicht. Gurtbringer oder Integralsitze wären hilfreich, gibt es aber ebenfalls nicht. Dafür sind die Rücksitzlehnen angeblich umklappbar.
Positv: Die Karosserie ist sehr gut einzusehen, hinten dank Spoiler sehr übersichtlich, ein PDC wäre hier überflüssig. Auch die seitliche Sicht ist außergewöhnlich gut, da die sehr Breite B-Säule von der Kopfstütze verdeckt wird hat man den Eindruck, dass es die Säule gar nicht gibt. Ebenfalls positiv fallen die großen Außenspiegel auf, hier könnten sich die deutschen Premiumhersteller eine Scheibe abschneiden.
Ein weiteres nettes Feature befindet sich in der Schließanlage: Drück man zweimal auf „Schließen“, hupt das Auto kurz, so daß man weiß, das man abgeschlossen hat. Darüber hinaus gibt es noch eine Alarmfunktion, mit der das Auto hupt und blinkt, bis man den Alarm wieder ausschaltet – ideal, wenn man seinen Nachbarn mal richtig auf den Keks gehen möchte.
Eines Abends waren wir in Miami unterwegs, als mehrere Autofahrer auf mich einbrüllten, ich konnte die Worte „fucking“ und „Light“ verstehen. An einer Tankstelle schauten wir nach, und siehe da, wir waren ca 20 Meilen ohne Licht gefahren. Was war passiert? Im Parkhaus hatte ich die Lampen angeschaltet, dann irgendwann festgestellt, dass die Instrumentenbeleuchtung zu dunkel war, also wieder den Lichtschalter betätigt, und siehe da, es wurde heller. Die nächste halbe Stunde hab ich dann zu Unrecht die fehlende Mittelkonsolenbeleuchtung verflucht. Wer kommt bitteschön auf den glorreichen Gedanken, das die Instrumentenbeleuchtung bei eingeschaltetem Licht deutlich dunkler wird.
Irgendwie muß ich beim Ford Mustang immer an den Song von Gari Halliwell denken – „What you see ain’t what you are getting!“, das trifft den Nagel auf den Kopf.
Der Mustang ist ein wunderschönes Auto, es ist alltagstaulich, bietet ausreichend Platz, man wird sogar immer wieder positiv drauf angesprochen („oh, what a beautiful Mustang!!!“) – aber es macht leider nicht wirklich Freude, damit zu fahren.
Bei aller Kritik aus dem Munde eines V12 Fahrers darf man allerdings den preislichen Kontext nicht vergessen: ein neuer Mustang GT V6 kostet soviel wie ein VW Golf in Basisausstattung, und bildet die ideale Basis für ein eigenes Tuningmodell, und dies passt zur Philosophie des Mustangs, der ein preiswertes Einstiegsmodell sein soll, das man nach belieben customizen kann.
Empfehlung: das V8 Premium Modell als Gebrauchtwagen nehmen. Anschließend den Innenraum ordentlich aufmöbeln – Vollleder und echtes Aluminium wären eine Idee, dazu vielleicht schönes Holz und edle Pedale. Wenn man nur ein Auto haben möchte, das richtig schnell geradeaus fahren kann, dann ist ein Shelby 500 mit von Topgear gemessenen 447 PS sicher keine falsche Wahl.