Vor einigen Jahren im ich im Rahmen eines 7er Treffens zum ersten Mal Kart gefahren. Dieses Jahr habe ich die Möglichkeit, beim diesjährigen Kartrennen des VFL Wolfsburg mitzufahren, der auf der Außenbahn der Rennstrecke Oschersleben stattfand.
Mit Haucke bilden wir eine Fahrgemeinschaft und fahren stilecht in meinem Porsche Boxster S Richtung Osten.
Die Atmosphäre ist angenehm familiär, Rennstreckenchef Thomas Voss kümmert sich persönlich um seine Gäste. Die meisten sind bei VW beschäftigt, was die vielen neuen VW Golf und Passat auf dem Parkplatz erklärt.
Es gab drei Trainingsläufe, jeweils drei Personen teilen sich ein Kart. Bei jedem Lauf fährt jeder 10 Minuten, danach ist Fahrerwechsel. Wir müssen eine Verzichtserklärung unterschreiben und werden bunt zusammengewürfelt. Anschließend muss ich einen Helm heraussuchen: XL passt, auch wenn es ein wenig mühsam ist, die Brille unterzubringen. Die Motorradfahrer sind natürlich fein raus und fahren direkt in ihrer Kombi samt eigenem Helm.
Dann geht’s los: meine Mitfahrer sind alte Hasen und kennen sich aus. Ich bin als dritter an der Reihe. Das Kart passt, der Sitz ist sehr hart, die Lenkung enorm schwergängig. Vorsichtig fahre ich los. Die Strecke ist angenehm breit und hat große Auslaufzonen. Anfangs bremse ich vor jeder Kurve, das Fahrgefühl ist noch sehr ungewohnt. Links und Rechts zischen die alten Hasen an mir vorbei. Kollisionen sind vorprogrammiert, aber es passiert nichts wirklich Schlimmes dabei, jeder von uns kann einfach weiterfahren, alles kein Problem. Haucke fährt zur gleichen Zeit wie ich, er ist deutlich schneller, hat aber auch einige Dreher.
Langsam werde ich mutiger, bin aber immer noch sehr langsam. Ich lerne, dass Bremsen und eine scharfe Kurvenlage das Kart zum ausbrechen bewegen. Nach 10 Runden ist der Durchgang zu Ende, ich fahre an Garage und steige schweißüberströmt aus. Meine Zeiten liegen bei 1:06, das ist nicht wirklich schnell, die Schnellsten liegen bei 55 Sekunden.
Es gibt Erfrischungen und belegte Brote, wir tauschen uns über unsere Erfahrungen aus. Ich erfahre, dass man eigentlich nur an zwei Stellen bremsen muss: an der Kurve 6 und nach Kurve 9. An der Schikane könne man auch Vollgas fahren.
Es geht weiter mit dem zweiten Lauf, ich fahre wieder als Dritter, das ist mir sehr Recht, so muss ich nämlich nicht meine Runden zählen sondern kann solange fahren, bis die schwarz/weiße Flagge geschwenkt wird.
Beim zweiten Mal geht es schon besser. Ich fahre mutiger in die Kurven und versuche, möglichst lange auf dem Gas zu bleiben. An der Schikane muss ich trotzdem bremsen, aber langsam bekomme ich ein Gefühl für die richtige Balance. An der vorletzten Kurve versuche ich, den idealen Bremspunkt zu finden, scheitere aber immer wieder und drehe mich. Anderen geht es nicht besser: Haucke dreht sich einmal direkt vor meiner Nase, ich kann gerade so ausweichen.
Nach dem dritten Durchgang hat sich meine Zeit bei einer Minute eingependelt, die beste Runde ist die letzte, mit 0:58.
Vier Wochen später bin ich zum Rennen eingeladen, diesmal nehmen wir meinen alten 7er als Taxi, der wohl das bei weitem älteste Auto auf dem Platz ist – wenn auch sicherlich nicht das Schwächste, lol.
Wegen starken Verkehrs auf der A2 kommen wir gerade so rechtzeitig an. Diesmal hat Haucke dafür gesorgt, dass wir beide in einem Team fahren. Es gibt noch einen dritten Mann namens Björn, der sich als schlaksiger 2m Mann entpuppt.
Das Rennen ist folgendermaßen unterteilt: es fängt an mit einem Trainingslauf, bei dem jeder 3 Mal je 15 Minuten fahren darf. Danach fährt einer von uns ein Qualifying, sinnvollerweise derjenige mit der besten Rundenzeit. Danach wird eine Stunde lang gefahren, Reihenfolge egal, es muss aber mindestens drei Fahrerwechsel geben.
Als erster fährt der lange Björn, ich postier mich mit Siri am Streckenrand und messe die Zeit. Björn fährt schön regelmäßige Rundenzeiten im Bereich von 1:01 Minuten. Als nächstes ist Haucke dran. Er ist minimal schneller als Björn. Dann darf ich: ich trete sofort voll drauf. Die ersten beiden Kurven fährt man einfach mit Vollgas gerade durch. Bei der nächsten Biegung lehne ich mich einfach nur zurück und lasse das Kart machen. Es ist wichtig, den richtigen Winkel zu treffen, damit man auf dem Asphalt und nicht in der Botanik aus der Kurve herauskommt. Dann kann man weiter auf dem Gas bleiben und die vierte Kurve einfach schneiden.
Nach der kurzen Geraden kommt die erste Bremsung: Kurve 5/6 bildet eine 180° Kehre, die gemeinerweise immer enger wird. Hier ist es wichtig, den richtigen Bremspunkt zu finden, und in der Kurve nicht zu viel Gas zu geben, sonst legt man einen Powerslide hin und verliert Zeit.
Es folgt eine kurze Gerade und die nächsten beiden Kurven, die etwa einer 200° Kehre entsprechen. Bei Vollgas lande ich mit den rechten Rädern im Gras, von daher ist eine vorsichtige Dosierung des Gases und eine saubere Linie gefragt. Andere können es besser als ich.
Die nächste Gerade ist ein wenig länger und läuft gewissermaßen gegenläufig zur Start- und Zielgeraden. Danach bilden zwei 90° Kurven eine Schikane. Angeblich soll man hier mit Vollgas fahren können. Mag sein, ich lange aber immer im Gras. Besser funktioniert es, wenn ich ein wenig vom Gas gehe und dann erst den linken Randsteine überfahre, das Gewicht auf die andere Seite verlagere und dann mit Vollgas über rechten Randstein überfahre. Dadurch lande ich schließlich knapp neben dem linken Randstein der nächsten Gerade. Merke: es ist wichtig, wie schnell Du aus einer Kurve herauskommst, denn dies allein bestimmt, wie schnell Du auf der folgenden Geraden bist.
Eine Weile fährt man Vollgas bis zum Ende der gestreckten Kurve, die in einer 180° Kehre endet. Hier muss man den richtigen Bremspunkt finden, was mir bislang nicht so recht gelingen wollte. Bremse ich zu stark und lenke gleichzeitig, bricht das Kart aus. Bremse ich zu früh bin ich zu langsam. Und dann gibt es noch die anderen Karts: manche wechseln von ganz Links nach ganz Rechts, andere fahren rechts in die Kurve hinein, kriegen sie aber nicht richtig und ziehen nach ganz Links. Ich denke, an dieser Kurve entscheidet sich das Rennen, denn wer hier schnell ist, ist auch auf der langen Start/Zielgeraden schnell und kann an den anderen vorbeiziehen.
Ich lege ein oder zwei Dreher rein, bin aber ansonsten zufrieden. Schweißgebadet und mit öligen Händen steige ich aus. Puh! Als erstes gehe ich auf die Toilette, Händewaschen. Danach warten wir auf die Ergebnisse: ich bin regelmäßig bei 1:00, also ähnlich schnell wie die anderen beiden, die letzte Runde mit 0:58 reißt es heraus: ich muss das Qualifying fahren!
Wenn es denn stattfände: aus Zeitgründen fällt das Qualifying aus, es gilt die schnellste Trainingsrunde. Mir ist es recht, bin eh total erledigt. Unser Team ist eher langsam, wir bekommen nur den 11. Startplatz und sind damit die Vorletzten. Ich beschließe, das Leistungsgewicht ein wenig zu optimieren: ich gehe nochmal aufs Klo, lege meinen Gürtel ab und schmeiße die benutzten Taschentücher in den Müll! Jedes Gramm zählt nicht wahr, und gegenüber den Damenteams sind wir mit unseren mindestens 80kg sowieso leicht im Nachteil.
Wir verabreden uns auf folgende Reihenfolge: 15 Minuten fährt Björn, dann 20 Minuten Haucke, dann 20 Minuten ich, und dann nochmal 5 Minuten Björn, um auf die drei Fahrerwechsel zu kommen. Außerdem kann jeder so dreimal fahren und wir ersparen und den Stau an der Boxengasse, weil wir darauf spekulieren, dass die meisten Teams nach 15 Minuten wechseln.
Es geht los: die Karts drehen eine Runde und werden dann in Startaufstellung positioniert. Aber wo bleibt Nummer 7? Nummer 7 musste tatsächlich nochmal ganz dringend aufs Klo und verspätet sich ein wenig. Alle warten. Nach einigen Minuten ist das Grid vollständig. Unser Gridgirl schwenkt die Deutschlandfahre, und los geht’s!
Ich positioniere mich wieder am Start und nehme mit Siri die Rundenzeiten. Außerdem muss ich Björn nach 15 Minuten herauswinken. Alles klappt wunderbar, Björn fährt konsistente 0:59 Minuten.
Anschließend ist der erste Fahrerwechsel: Björn kommt viel zu schnell reingefahren und überfährt mich fast, die Reifen quietschen, blauer Qualm steigt auf und ich kann mich gerade so mit einem beherzten Sprung retten.
Ich fluche ordentlich, Haucke springt aufs Kart und düst los. Zurück am Start nehm ich die Zeit: 0:59:6, 059:4, 0:59.6…die Zeiten sind konsistent. An der Schikane hören wir immer wieder die Reifen quietschen, er driftet regelrecht durch die Kurven. Ob er dadurch wirklich schneller ist?
Nach 20 Minuten winke ich ihn raus, wir eilen an die Box: Fahrerwechsel, ich übergebe Siri an Björn, dann geht’s los. Die Strecke ist fast schon Routine. Es ist immer gut, einen vor sich zu haben, so hat man wenigstens ein Ziel, das man überholen kann. Ein oder zwei Leute überhole ich, einige Male werde ich überholt. Immer, wenn mich einer überholt, versuche ich, dran zu bleiben, was aber nicht immer einfach ist, denn gerade die leichten Frauen ziehen einfach vorbei, da habe ich keine Chance.
Doch wo ist Haucke? An der Strecke sehe ich nur Björn stehen, der mir ab und zu Zeichen gibt, wie viel Zeit noch übrig ist. Ein letzter Wechsel, ich bin total gerädert. Ich blicke auf meine Rundenzeiten, die Björn genommen hat: meist war ich bei 0:59, aber einen Ausreißer gibt es: 0:56. Ein Fehler wird es kaum sein, denn die Runden vorher und Nachher waren auch 0:59. Wie hab ich das bloß geschafft?
Björn fährt 5 Runden in seiner gewohnten Zeit, dann ist das Rennen zu Ende, die schwarz/weiße Zielflagge wird geschwenkt.
Ich ziehe mich kurz um, dann treffen wir uns in der Garage wieder. Das Catering hat schon den Grill angeschmissen. Hier treffen wir auch Haucke wieder: er hat sich beim Fahrerwechsel böse den Fuß verstaucht und humpelt mühsam durch die Gegend. Ich grabsch mir ein Steck und eine heiße Bratwurst, dann essen wir gemütlich. Bei der Siegerehrung erfahren wir, dass wir uns immerhin vom 11. auf den 10. Platz verbessert haben. Andere Teams haben viel mehr Runden zusammengebracht als wir, und gewonnen hat ein Team, das die letzten 4 Male auch gewonnen hat.
Egal, wir hatten unseren Spaß, und ich fand es auch sehr schön, dass wir drei ähnliche Rundenergebnisse erzielt haben und es insgesamt sehr harmonisch verlief. Gegen 21:30 brechen wir auf. Mit Haucke fahre ich noch in die Notaufnahme in Wolfsburg, um den Knöchel zu untersuchen. Um Mitternacht bin ich endlich zuhause.
Die nächsten Tage leide ich noch unter enormen Muskelkater, bin ansonsten aber sehr zufrieden. Kartfahren in Oschersleben ist wirklich ein Erlebnis, und auch deutlich angenehmer als das Fahren in den Hallen.
Falls Ihr selber mal Lust zum Fahren habt: Hier gehts zur Motorsportarena Oschersleben