The Cat is back! Fahrbericht Jaguar XK8 / XKR Cabriolet

Jaguar XKR

Ich habe mein Auto bei der Werkstatt abgegeben und saß nun griesgrämig in einem peinlich-blauen Golf III Cabriolet. Fahr doch mal bei Jaguar vorbei, dachte ich, nachdem ein Ausflug zum freundlichen Mercedes und etwas weniger freundlichem BMW Händler vortags ergebnislos verlaufen war. Da sollte doch irgendein XK was auch immer rumstehen, laut Internet.

Gedacht getan, das Cabrio im Königreich „Weit, weit weg“ geparkt und mich zu Fuß auf den Weg in den Zooladen gemacht. Und dann stand ich vor der Katze: schwarz, flach, breit kauerte sie zwischen den peinlichen X-Type Dieseln und inzwischen langweiligen S-Type Frührentnerlimousinen.

Reingehen, Schlüssel holen. Der Verkäufer wirkte ein wenig reserviert, was seiner Auskunft nach weniger an meiner zerzausten Frisur lag, sondern daran, daß der Wagen gerad erst reingekommen und noch nicht aufbereitet war. Sei es drum. Ich bat um eine Probefahrt, und bekam sie.

Montag war dann der große Tag. Ich brach mit meiner Freundin auf, inzwischen wieder mit eigenem Auto, und parkte den mächtigen alten BMW  V12 selbstbewußt auf dem Kundenparkplatz. Anna war von dem XK8 sofort begeistert, drinnen erledigten wir kurz die Formalitäten.

Ich bekomm den Schlüssel, der mir merkwürdig vertraut vorkommt….der alte Ford Ka meines Bruders hatte exakt den gleichen. Ich hoffe nur, daß die Schlösser ein wenig solider ausfallen. Die Katze steht auf dem Hof, leider ein wenig verstaubt, liegt wohl an der Jahreszeit. Egal.

Jaguar XK8 Cockpit

Tür auf, ich lass mich in den Sitz fallen. Ich sitze recht kommod, wenn auch deutlich höher als in einem Mercedes SL oder Porsche 911. Vor mir wölben sich die sexy Rundungen der Motorhaube, mein Blick schweift über das wohl schönste Armaturenbrett, das je in einem Serienwagen verbaut wurde, ein Traum aus Wurzelholz. Die Anzeigen sitzen in tiefen Löchern, sind aber gut zu erkennen. In der Mitte prangt ein Bildschirm fürs Navi (und ausschließlich fürs Navi), die anderen Bedieneinheiten sind in einer Einheit weiter unten plaziert und haben in etwa die Übersichtlichkeit eines wissenschaftlichen Taschenrechners von Texas Instruments.

Kurze Einweisung, Dach auf, und das geht angeblich sogar während der Fahrt.

Ich lass den Motor an, und höre…nichts. Das hätt ich jetzt nicht wirklich erwartet. Ein Porsche bollert, ein SL röhrt, und selber ein 7er grummelt im Leerlauf leise vor sich hin. Die Katze schweigt.  Aber der Drehzahlmesser bewegt sich.

Ich lege den Gang ein, und die Katze rollt langsam wie auf Samtpfoten vom Hof.

Die ersten Meter lassen wir gemächlich angehen. Lenkung und Pedale lassen sich unglaublich leicht,aber trotzdem sehr präzise bewegen. Ich kämpfe ein wenig mit der Sitzverstellung, die idiotischerweise links neben der ebenfalls links sitzenden Handbremse plaziert sind. Ein paar Zentimeter tiefer, das wäre mein Wunsch, der mir aber leider verwehrt wird. Arrangieren wir uns mit dem Blick auf den Scheibenrahmen.

Einfahrt auf die A2. Mal schaun, was in der Katze steckt. Leider subjektiv nicht wirklich viel, objektiv geht einiges. Der 284PS V8 holt die Leistung mehr über die Drehzahl, was für einen drehmomentverwöhnten V12 Fahrer nicht wirklich überzeugend ist, das Feeling entspricht mehr einen 6-Zylinder Reihenmotor, nicht wirklich mein Fall. Egal, mehr als 160 km/h sind bei offenem Dach nicht wirklich sinnvoll.

Also, nächste Abfahrt Richtung Lehrte wieder raus, Katze füttern (der Tankdeckel ist links), Verdeck zumachen, und dann rauf auf die A7. Die Geräuschkulisse ist leider nach wie vor sehr laut, ich kann leider nicht beurteilen, ob das normal ist, oder ob das Verdeck nicht richtig schließt.

Jaguar XK8 Front

Egal, Richtung Hildesheim, volles Rohr. Überholprestige ist eindeutig vorhanden, die Leute machen selbst bei kleinen Lücken bereitwillig Platz, anders als beim 7er. Wirklich schnell fühlt sich der Jag nicht an, und mehr als 230 sind bei dem mitteldichten Verkehr leider nicht drinnen. Der XK8 ist nicht wirklich ein Auto, das jubelnd in den Begrenzer jagen würde, die eingetragene V/max bleibt mit 248 km/h leider unter der magischen Marke.

Aber egal, zum Langstreckenheizen gibts geeignetere Autos. Bei Seesen fahren wir wieder raus, kurze Pause und ein wenig Zeit, das schöne Auto zu bewundern.

Das Design ist perfekt, innen wie außen.  Er ist unheimlich flach, dabei nicht zu breit, keine Keilform, sondern eine fließende Linie. Daneben wirkt ein neues 6er Cabrio altmodisch und klobig, ein Maserati GT wie eine billige Kopie, ein SL R230 so proletarisch wie ein tiefer gelegter Golf GTI mit Ofenrohren.

Jaguar XK8

Der Kofferraum verdient seinen Namen, man kann anders als in modernen Blechdosen auch während einer Reise mal das Dach aufmachen. Die hinteren Sitze sind quasi eine lederbezogene Ablagefläche mit Anschnallgurten, also wirklich nur für Notfälle gedacht. Egal, wen störts – urbane Yuppie-Pärchen wie uns sicher nicht. 😉

Wir fahren weiter Richtung Harz. Es ist erstaunlich, wie leicht und präzise sich der Wagen durch die kurvigen Straßen dirigieren läßt, auch wenn er mit 1,8t nicht wirklich leicht ist.

Den Beinamen „The Cat“ hat dieser Jaguar mehr als verdient. :+

Wir cruisen fröhlich durch den Harz, lassen den V8 gelegentlich ein wenig röhren, soweit das denn möglich ist, und genießen unbeschwert die schöne Landschaft.

Bis plötzlich…..

PLING!

Kühlwasser.

Hmm…..Temperatur past, also weiter.

Ich hatte die Fehlermeldung fast vergessen, dann macht es wieder

PLING!  – Stabi deaktiviert.

PLING! – Getriebenotprogramm.

PLING! – Motornotprogramm

Mitten in den Bergen verweigert der Motor die Gasannahme, wir rollen am Straßenrand aus, die Katze bewegt sich nur noch im Schleichtempo vorwärts….so ähnlich wie unser Hauskater Felix, wenn er kurz davor ist, mal wieder ein Wollknäul auf den Teppich zu kotzen.

Felix würde ich bei solchen Gelegenheiten am Kragen packen und ins Katzenklo schmeißen, was beim Jaguar aber kein wirklich anwendbares Verfahren ist.

Zündung aus. Neustart. Die Meldungen auf dem Bildschirm deuten an, daß ich den Jaguar mal kreuzweise kann.

Heute noch kein Katzgourmet gekriegt, oder wie?

Also raussteigen, Warndreieck rausstellen, da wir an einer sehr unübersichtlichen Stelle stehen.

Zurück. Hmm, gleich die Zoohandlung anrufen, oder einfach nochmal probieren?

Anlassen…es klappt.

Also wieder aussteigen, Warndreieck einsammeln, die Mühe des Zusammenfaltens spar ich mir und schmeiß das Ding einfach so wie es ist in den Kofferraum.

jaguar xk8 seitlich

Langsam fahren wir den XK über Landstraßen zurück nach Hannover und genießen trotz des Schrecks jeden Kilometer.  Es ist eben einfach ein wunderschönes Auto, teils ein wenig schrullig, aber mit sehr viel Charme, dem man viel verzeiht.

Zurück beim Händler mosere ich erstmal ordentlich über die Elektronik und über die mangelnde Leistung. Der geht nicht weiter drauf ein, meint nur „komm se mal mit“ und führt uns hinters Haus.

Jaguar XKR

Dort steht ein 2003er XKR Cabriolet, ebenfalls schwarz/schwarz/schwarz, kaum teurer, mit fast Vollausstattung. Beschuht auf feinsten 20‘ Felgen, mehrteilig, im Detroit-Design, gelochte Bremsscheiben mit roten Sätteln von Brembo, das Fahrwerk ist nochmals tiefergelegt, dezente Lüftungsschlitze weisen dezent auf die Mehrleistung hin.

Und ob wir den fahren wollen!

Aber erst nach der Inspektion, versteht sich. Offenbar braucht ein Jag wirklich jedes Jahr eine Inspektion, der genaue Umfang läßt sich aus dem Serviceheft leider nicht herrauslesen.

Gut anderthalb Wochen später sind wir wieder beim freundlichen Zoohändler.

Ohne Formalitäten („Den Führerschein haben sie aber noch, oder?“) ging es direkt ins Cabrio. Das Wetter war leider nicht so prall, aber mal schaun, ob die Katze auch bei Regen Spaß macht.

Schon beim Anlassen merk ich, daß dieses Raubtier in einer anderen Liga spielt, denn statt der Stille ertönt ein sonores Brummen aus dem Auspuff, daß bei etwas höheren Drehzahlen leider wieder verschwindet (ich tippe auf Klappenauspuff, der sich durch Entfernen der Sicherung 19 deaktivieren läßt :D).

395PS und 540 NM Drehmoment sind schon ein Wort.

In der Stadt fährt er sich ähnlich brav wie ein Fuffi, wenn man jedoch das Gaspedal kräftig durchdrückt heult der Kompressor wie von der Tarantel gestochen auf und katapultiert den Wagen brutal nach vorne!

Dies ist eine Raubkatze, die ihren Namen verdient!

Baustelle, Tempo 60, ein neuer Passat 2.0 TFSI überholt uns mit stark überhöhter Geschwindigkeit und wird schnell kleiner. Nach der Baustelle: S-Mode, Kickdown, die Katze hechtet los, binnen weniger Sekunden haben wir den beschleunigenden Passat eingeholt und schießen dran vorbei!  Wenn der Passat ein Zebra wäre, hätte der Jaguar ihn am Genick gepackt und zum Abendessen verspeißt.

Selbst jenseits der 200 km/h sprintet der XKR noch los, als wenn es kein Morgen gäbe, kein Vergleich zu dem lahmen XK8.

Ich weiß nicht, wie schnell der Wagen offen wäre, hab allerdings von jemandem gehört, der einen von 363 auf 407 PS gechippten Arden XKR hat, mit einer eingetragenen Vmax von 307 km/h. Halt ich für ein bisschen optimistisch, aber na ja, wen interessierts.

Das Sportfahrwerk mit CATS ist relativ hart, rollt aber gut ab, ich würde den Jag wirklich nicht als unkomfortabel bezeichnen. Das Innengeräusch ist mehr als akzeptabel, auch bei  Tempo 240 kann man sich noch einigermaßen Unterhalten.

Das Premium Audiosystem ist allererste Sahne, es ist nicht schlechter als das im Phaeton, welches bekanntlich sehr sehr gut ist.

Später, auf dem Rückweg auf der A2, Tempo 160, drängelt hinter uns trotz dichtem Verkehrs ein neuer Golf V R32. Junger Typ am Steuer, stolz wie Bolle. Will wohl spielen. Tja, da hat er den richtigen gefunden. Als die Strecke freier wird und die Katze rennen darf, wird der Golf im Rückspiegel sehr schnell sehr sehr klein, was von daher bedauerlich ist, weil ich den Fahrer zu gerne beim heulen zugesehen hätte.

Leute, ich hab meinen neuen Traumwagen gefunden, das Ding gefällt mir wesentlich besser als der Porsche 996. Wie schön wäre es, sich dieses Geschoss in die heimische Garage zu stellen.

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