Vor ein paar Tagen hatte ich Gelegenheit, zum ersten mal einen VW Phaeton zu fahren.
Mein Vater hat sich für drei Tage ein Exemplar zur Probe geborgt, und, oh wunder, ich durfte auch mal damit fahren. Es handelt sich um ein delphingraues Exemplar mit dem 4.2l V8 Motor und rund 335PS, zu einem Neupreis von €95,000.
Die Farbe sieht super aus, auch das dunkelgraue Leder im Innenraum macht sich sehr gut, nur mit dem Kastanienholz kann ich mich als Wurzelholzfreak nicht so recht anfreunden. Alles in allem wirkt der Innenraum zwei Klassen hochwertiger als im BMW E65.
Eine Besonderheit ist das Keyless Entry System: es reicht, den Schlüssel in der Tasche zu haben und die Tür einfach aufzumachen. Verriegelt wird durch einen Druck auf eine Taste auf dem Türgriff, der Motor wird auf Kopfdruck gestartet (nicht zu verwechseln mit dem Zigarettenanzünder).
Auch hinten ist reichlich Platz, durch die hohe Türlinie wirkt der Innenraum recht gemütlich.
Nach einer ersten Fahrt auf dem Beifahrersitz, bei dem ich die Massagefunktion des 18-Wege Sitzes ausführlich testete, fuhr ich ihn erstmal die übliche Strecke Richtung. Weiter ging es leider nicht, weil mein Vater das Auto Abends noch brauchte.
Reinsetzen, erstmal Sitze und Spiegel einstellen und natürlich meine Lieblingscds in den CD-Wechsler im Handschuhfach einlegen (identisch mit dem Wechsler vom Golf). Im Gegensatz zu BMW geht das Wechseln sehr viel leiser vonstatten, dafür muß man jede CD einzeln reinschieben.
Am Armaturenbrett gibt es massig viele Knöpfe, die man mit einem Blick kaum erfassen kann. Wenn man ein fahrerorientiertes BMW-Cockpit mit relativ wenigen übersichtlichten Schaltern gewohnt ist, dann fällt es einem sehr schwer, von Fahrersitz aus die Übersicht zu behalten. Auch das Navi Display wirkt ein wenig klein und sitzt viel zu tief. Manche Schalter kann man trotz meiner eher hohen Sitzposition nicht erkennen, wie z.B. die Drehräder für die Sitzheizung, die gleichzeitig die Sitzlüftung steuern.
Da ist das Konzept von BMW ganz klar überlegen – mit einem Schalter kann man alle Funktionen steuern.
Von den zahlreichen Infos, die die sehr elegant wirkende Tachoeinheit bietet, wird man regelrecht erschlagen. Es gibt sogar eine der sonst durch Abwesenheit glänzenden Öltemperaturanzeigen. Der Tacho mit einer fortlaufenden Markierung bis 320 ist einfach nur idiotisch, besonders jenseits der 200, wo die Striche sehr eng beieinander sind und nur alle 30 km/h eine Zahl steht. Eine Limit Funktion hab ich nicht gefunden, so ist es schon schwierig, sich an das 210er Tempolimit mit Winterreifen zu halten.
Abgesehen davon spiegeln die Chromringe um die Tachos bei Dunkelheit sehr stark.
Nach einer Weile finde ich mich zurecht. Ich schaffe es, den Wagen per Knopfdruck zu starten (alternativ gibt es auch ein normales Zündschloß) und die Stereoanlage einzuschalten. Der Sound ist nicht übel, auch wenn ich trotz DSC einen echten Equalizer vermisse – oder ihn nicht gefunden hab, je nach dem.
Ich bugsiere den großen Wagen langsam aus der Einfahrt heraus. Die Lenkung ist extrem leichtgängig, so wie in dem silbernen 740er. In der Stadt läßt sich der Wagen trotz der Größe sehr angenehm bewegen, nur die Federung könnte noch deutlich besser sein, Unebenheiten der Straße sind immer noch gut zu spüren, egal ob man sich im Sport- oder Komfortmodus befindet. Auch das Motorgeräusch ist so laut wie in anderen Oberklasselimousinen auch, so ein riesiger Fortschritt ist der Phaeton da leider auch nicht.
Eine Doppelverglasung wäre ebenfalls hilfreich, der andere Verkehr scheint wie im E60 extrem laut zu sein.
Auf der Autobahn gibt es Gelegenheit, das Gaspedal mal richtig durchzudrücken. Der V8 ist sehr drehfreudig und beschleunigt die schwere Limousine vehement und hat dabei einen kernigen Sound, ohne jedoch sehr laut zu werden. Die 200 sind schnell erreicht, angesichts des Wetters, des Verkehrs und der Winterreifen wollte ich aber nicht schneller als 230 fahren. Man merkt erst, wie schnell man ist, wenn die anderen Autos plötzlich bedrohlich nahe kommen und man die – gottseidank excellenten – Bremsen bemühen muß.
Die Automatik dreht die Gänge ein wenig zu sehr aus, die Charakteristik ist ähnlich der meines 528ers. Pluspunkt: Auch im Automatikmodus wird der von der Automatik gewählte Gang im Mäusekino angezeigt. Dies habe ich bei anderen Autos immer vermißt.
Im Gegensatz zum A8 Quattro macht sich der 4Motion Antrieb deutlich weniger bemerkbar, der Phaeton wirkt sehr viel entspannter als der große Audi.
Leider wirkt der Phaeton bei hohen Autobahngeschwindigkeiten ein wenig nervös. Ein BMW läßt sich bei den hohen Geschwindigkeiten sehr viel angenehmer fahren. Das liegt nicht zuletzt daran, daß die Lenkung des großen VWs extrem leichtgängig ist, während beispielsweise ein E60 mit Aktivlenkung einem durch eine sehr direkte, bei hohen Tempi eher schwergängige Lenkung das Gefühl vermittelt, wie auf Schienen zu fahren.
Was mich auch störte: es ist nicht möglich, sich mit dem Ellenbogen irgendwo anzulehnen und das Auto gemütlich mit einer Hand zu steuern. Irgendwie sind die Armlehnen viel zu niedrig bzw. zu weit weg.
Es mag nach einer langen Nacht auf einer harten Matratze an meiner allgemeinen Müdigkeit liegen, aber trotzdem empfand ich die aufwendigen Phaeton Sitze nicht als wirklich bequem, trotz Massagefunktion tat mir nach einiger Zeit der Rücken weh, außerdem sind sie sehr eng. Die Sitzverstellung hat dermaßen viele Hebel, daß sie teils schwer zu erreichen sind. Die E65 Lösung finde ich da sehr viel praktischer.
Was mir ebenfalls mißfiel war der unförmige Fußboden, bei dem teils sogar die Radhäuser in den Innenraum dringen. So etwas habe ich das letzte mal beim seeligen Audi V8 erlebt, der ja auf dem C4 basierte.
Fazit: Just another luxury car. Der VW Phaeton ist ein sehr schöner, eleganter Wagen der in der Oberklasse sehr gut mithalten kann, ohne jedoch wirklich neue Maßstäbe zu setzen. Die Qualität ist durchaus beeindruckend, hier könnte sich BMW eine Scheibe abschneiden. Allerdings gibts es zu viele kleine Details, die einem die Freude am Phaeton verderben und einfach ärgerlich sind.
Von daher waren wir nicht unglücklich, als wir wieder in unseren ollen Fuffi umstiegen.